Johann Nasielskis war der zweite Sohn der Familie Nasielski. Sie waren Dessauer Opfer der Shoa, deren Stolpersteine schon 2014 in der Langen Gasse vor ihrem früheren Wohnhaus verlegt worden waren. Zunächst wusste niemand, dass es noch einen weiteren Sohn gegeben hatte. Jana Müller, Mitarbeiterin des Stadtarchivs, entdeckte durch Zufall den Artikel einer Online-Publikation über Jack Nasielski, der als Holocaust – Überlebender im Alter von 92 Jahren aus den USA nach Israel auswanderte. In diesem Artikel wurde erwähnt, dass Mr. Nasielski in Dessau geboren wurde. Das ließ Frau Müller aufhorchen und sie begann zu forschen. In kleinschrittiger Quellenarbeit fand sie schnell heraus, dass Johann Nasielski im Jahr 1925 als Sohn von Ignatz Nasielski und Rosalie Nasielski und Bruder von Leo Nasielski in der Teichstraße geboren wurde. Relativ schnell war klar, dass die Familie symbolisch wiedervereint und der fehlende Stolperstein verlegt werden sollte. Um die Gedenkveranstaltung vorzubereiten, wandte sich Frau Müller an unsere Schule und es meldeten sich schnell vier interessierte Schülerinnen und ein Schüler, um an diesem Projekt mitzuarbeiten. Charlotte Masur 9c, Zoé Mattigit 9b, Helene Sanetra 9b, Wilhelm Kwast 9b und Ronja Schellenberg 11d trafen sich an vielen Nachmittagen, ausschließlich in ihrer Freizeit, und arbeiteten an dem Projekt. Unter Anleitung und mit der Hilfe von Frau Müller forschten sie zum Leben von Johann Nasielski und stellten eine Präsentation ihrer Ergebnisse zusammen. Am 20. Juni 2023 fand die Gedenkveranstaltung statt. Unter den Anwesenden befand sich auch Herr Dr. Wassermann, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde. Nach der Begrüßung durch Robert Ralph vom Kiez e.V. richtete die Beigeordnete für Soziales, Bildung, Jugend und Senioren der Stadt Dessau, Frau Eter Hachmann, sehr eindringliche Worte an die Anwesenden. Sie machte auf die Wichtigkeit des Gedenkens an eine gewaltvolle Geschichte im Angesicht des Krieges in Europa aufmerksam und lobte das Engagement unserer Schülerinnen und Schüler. Im Anschluss daran stellte die Schülergruppe des Liborius-Gymnasiums in einem beeindruckenden und sehr rührenden Vortrag das Leben von Johann Nasielski vor. Dass die Geschichte von Johann Nasielski nicht in einem Konzentrationslager endete, sondern nach der Befreiung in den USA erfüllt weiterging und ein 93 Jahre dauerndes Leben hervorbrachte, ließ alle Gedenkenden hoffnungsvoll zurück. Danach gingen alle Anwesenden zu den Stolpersteinen in der Langen Gasse. Die Schülergruppe las, das Foto von Johann Nasielski hochhaltend, die Inschriften der Gedenksteine vor. Herr Reznikov, Kantor der jüdischen Gemeinde zu Dessau, sprach im Folgenden ein jüdisches Gebet. Nach Dankesworten an die Schülergruppe durch Frau Müller beendete Robert Ralph die sehr bewegende Veranstaltung an einem sehr heißen Tag.
Sophie Bodner